19.03.2019
Vielfalt in der Gesellschaft- wie klappt das eigentlich hier in Maichingen?
„Eigentlich habe ich gedacht, dass wir schon viel weiter sind“- diesen Satz äußert nicht nur der spanische Nachbar, sondern er charakterisiert auch den Erfahrungsaustausch, zu dem die Grüne Runde in Maichingen einige Gäste eingeladen hatte.
Die Einwohner*innen
Maichingens, die zwischen 5 und schon über 40 Jahre hier im Ort
leben, berichteten von ihren Eindrücken, ob oder wie sich das
veränderte gesellschaftliche Klima, wie es uns derzeit in den Medien
begegnet, auch im eigenen (Er-)Leben hier in Maichingen
auswirkt.
Gemeinsam gingen wir der Frage nach, ob oder welche
Rolle es spielt, „Migrationshintergrund“ zu haben.
„Ich kann es nicht mehr ertragen, in den Medien Nachrichten über Terroranschläge und weltweite Konflikte zu hören. Ich werde mit meinem türkischen Namen und Aussehen oft in einen Topf mit allen Migrant*innen, insbesondere denen, mit denen es Konflikte gibt, geworfen. Das macht mir Angst“, berichtet eine Deutsche, die als Kind von Gastarbeiter-Eltern nach Deutschland kam.
Heute hat sie mit ihrem Mann ein Eigenheim erworben, beide sind berufstätig und zahlen Steuern, die beiden Kinder studieren anspruchsvolle Fächer.
„Früher wurde uns von der Hausgemeinschaft unterstellt, den Müll nicht richtig zu trennen. Dabei waren wir das gar nicht“. Solche Erlebnisse hätten früher natürlich auch irritiert. In einer Phase, in der Populisten die öffentliche Debatte bestimmen, äußerten jedoch einige der Gesprächsteilnehmer*innen die Sorge, ob sie hier in ihrer Nachbarschaft weiterhin als zugehörig angesehen werden.
„Es gibt keine Religion, die das Töten von Menschen gutheißt. Auch nicht der Islam!“ stellte ein Muslim klar. „Ich bin in Maichingen bereits in den 70er Jahren gut aufgenommen worden. Die Nachbarn waren hilfsbereit und offen. Ich liebe den deutschen Kuchen und pflege über die Kinder und deren Schule enge Beziehungen im Ort“. „Wenn mir jemand unangenehm entgegen kommt, dann lege ich erst einmal Wert auf eine höfliche Begrüßung. Danach reden wir meistens ungestört weiter“, gab es ebenso positive Bekenntnisse für ein gelingendes Miteinander.
„Wir haben viele Schnittmengen, die finde ich wichtiger als die Frage, woher ich oder meine Eltern irgendwann stammten. Meine Zeit hier ist ja schon viel länger als die Zeit, die ich in einem Herkunftsland verbracht habe. Und unsere Kinder sind schließlich hier geboren“.
Dass für Mitglieder einer
christlichen statt einer muslimischen Kultur die Schnittmenge größer
und das Ankoppeln einfacher erscheint, bestätigten zwei deutsche
Mitbürger*innen mit Wurzeln in Rumänien und Polen.
„Vielleicht
müssten wir viel mehr den direkten Kontakt und auch interreligiöse
Begegnungen fördern, um Ängste zu nehmen“.
Es stellte sich heraus,
dass auch Beteiligte, die einen deutschen Pass und Namen tragen,
Elternteile aus einem anderen Herkunftsland haben. Andere ergänzten:
„Ich komme aus dem deutschen Osten. Auch dort wurde eine andere
Alltagskultur gelebt als hier“.
„Ich bin aus
Nordrhein-Westfalen/ aus Hessen/ aus Biberach/ aus Aalen/ aus
Sindelfingen hier hergezogen und habe mir Bezugspunkte geschaffen“.
Diese seien doch entscheidend für das Empfinden, sich zugehörig zu
fühlen.
Angesichts der Tatsache, dass Maichingen seine Bevölkerung in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt hat, rückte in der weiteren Diskussion das Thema „Migration“ zunehmend in den „Hintergrund“. „Wichtig ist, dass wir heute und morgen als Nachbarn gut auskommen und uns miteinander dafür einsetzen, dass sich alle gemeinsam wohl fühlen können. Es gibt keine gute oder schlechte Nation, es gibt nur gute oder schlechte Menschen!“, so fasste ein Mitbürger mit türkischem Namen das gemeinsame Resumee zusammen.
Den Abschluss der Gesprächsrunde bildete das berührende Youtube-Filchen „All that we share“ aus Dänemark.
Die deutsche Gesellschaft
ist vielfältiger geworden. Bauen wir auf die Gemeinsamkeiten und
nutzen wir die Unterschiede nach dem „Mosaik“-Motto eines
weiteren Maichingers: „Ich nehme mir aus beiden Kulturen das
Beste…“
Überlassen wir das letzte Wort nicht den Populisten,
sondern bleiben wir weiterhin miteinander im Gespräch. Fortsetzung
folgt.
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