Gedichte zu „Nie wieder ist jetzt!“

Erich Fried

Gründe

„Weil das alles nicht hilft
Sie tun ja doch, was sie wollen

Weil ich mir nicht nochmals
Die Finger verbrennen will

Weil man nur lachen wird:
Auf dich haben sie gewartet

Und warum immer ich?
Keiner wird es mir danken

Weil da niemand mehr durchsieht
Sondern höchstens noch mehr kaputt geht

Weil jedes Schlechte
Vielleicht auch sein Gutes hat

Weil es Sache des Standpunktzes ist
Und überhaupt wem soll man glauben?

Weil auch bei den andern nur
Mit Wasser gekocht wird

Weil ich das lieber
Berufeneren überlasse

Weil man nie weiß
Wie einem das schaden kann

Weil sich die Mühe nicht lohnt
Weil sie das alle gar nicht wert sind.“

Das sind Todesursachen

Zu schreiben auf unsere Gräber

Die nicht mehr gegraben werden

Wenn das die Ursachen sind.

Dietrich Bonhoeffer

„Wir sind stumme Zeugen böser Taten gewesen, wir sind mit vielen Wassern gewaschen, wir haben die Künste der Verstellung und der mehrdeutigen Rede gelernt, wir sind durch Erfahrung misstrauisch gegen die Menschen geworden und mussten ihnen die Wahrheit und das freie Wort oft schuldig bleiben. Wir sind durch unerträgliche Konflikte mürbe oder gar zynisch geworden – sind wir noch brauchbar?

Nicht Genies, nicht Zyniker, nicht Menschenverächter, nicht raffinierte Taktiker, sondern schlichte, gerade, einfache Menschen werden wir brauchen. Wird unsere innere Widerstandskraft gegen das uns aufgezwungene stark genug und unsere Aufrichtigkeit gegen uns selbst schonungslos genug geblieben sein, dass wir den Weg zur Schlichtheit und Geradheit wiederfinden“

„Weil sich verantwortliches Handeln nicht aus einer Ideologie, sondern aus der Wirklichkeit nährt, darum kann nur im Rahmen dieser Wirklichkeit gehandelt werden. Die Verantwortung ist dem Umfang wie dem Wesen, also qualitativ und quantitativ, nach begrenzt. Nicht die Welt aus den Angeln zu heben, sondern am gegebenen Ort das sachlich – mit Blick auf die Wirklichkeit notwendige – zu tun und dieses wirklich zu tun, kann die Aufgabe sein.“

Erich Kästner (1932)

Denn ihr seid dumm

Ihr und die Dummheit zieht in Viererreihen

In die Kasernen der Vergangenheit.

Glaubt nicht, dass wir uns wundern, wenn ihr schreit.

Denn was ihr denkt und tut, das ist zum Schreien.

Ihr kommt daher und lasst die Seele kochen.

Die Seele kocht, und die Vernunft erfriert.

Ihr liebt das Leben erst, wenn ihr marschiert,

weil dann gesungen wird und nicht gesprochen.

Ihr liebt die Leute, die beim Töten sterben.

Und Helden nennt ihr sie nach altem Brauch;

Denn ihr seid dumm und böse seid ihr auch.

Wer dumm und böse ist, rennt ins Verderben.

Ihr liebt den Hass und wollt die Welt dran messen.

Ihr werft dem Tier im Menschen Futter hin,

damit es wächst, das Tier tief in euch drin!

Das Tier im Menschen soll den Menschen fressen.

Ihr wollt die Uhrenzeiger rückwärts drehen

Und glaubt, das ändere der Zeiten Lauf.

Dreht an der Uhr! Die Zeit hält niemand auf!

Nur eure Uhr wird nicht mehr richtig gehen.

Wie ihr’s euch träumt, wird Deutschland nicht erwachen.

Denn ihr seid dumm, und seid nicht auserwählt.

Die Zeit wird kommen, da man sich erzählt:

Mit diesen Leuten war kein Staat zu machen!

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